Auf dem Weg vom Bahnhof zum Nanzo-in Tempel hängen immer wieder Schilder, die Ausländer darauf hinweisen, dass größere Besuchergruppen nicht erwünscht sind. Der Tempel sei ein Ort des Besinnens und Betens. Geführt zu diesem drastischen Schritt haben vor allem der Übertourismus durch einlaufende Kreuzfahrtschiffe.Busseweise überfluteten Kreuzfahrer den Nanzo-in, der nur 25 Zugminuten von Fukuoka entfernt ist, und nicht alle Besucher verhielten sich angemessen. Doch warum ist dieser entlegene Tempel in den Bergen eigentlich so attraktiv für Besucher? Der Grund ist 41 Meter lang, 11 Meter hoch und komplett aus Bronze: die größte liegende Buddhastatue der Welt. Beeindruckend! Und ein Besuchermagnet. An mehreren Tempeln über ganz Japan verteilt gibt es solche Riesen-Buddhastatuen, die Pilger und Touristen gleichermaßen anziehen. Drei davon stelle ich dir heute vor.
daibutsu 大仏 – riesige Buddhastatuen
Historisch galt als großer Buddha eine Figur, wenn sie mindestens doppelt so hoch war, wie die angebliche Körpergröße des tatsächlichen Buddhas. Also bei einer Höhe von mehr als ca. 4,85 Meter sprach man von einem daibutsu 大仏. Die Materialien reichten von Stein über Holz bis hin zu Bronze.
Hört ein Japaner heute das Wort daibutsu, hat er zwei ganz besondere Statuen im Kopf: den Daibutsu im Tōdai-ji Tempel in Nara und denjenigen im Kōtoku-in Tempel in Kamakura. Aber auch andere große Statuen werden als daibutsu bezeichnet. Wie eben der Liegende am Nanzo-in Tempel.
Der nehanzo 涅槃仏 am Nanzo-in Tempel
Der Nanzo-in Tempel befindet sich in der kleinen Stadt Sasaguri in der Präfektur Fukuoka. Zwei Dinge machen den Nanzo-in Tempel so besonders: erstens war der Tempel selbst ursprünglich auf dem heiligen Berg Koya-san in der Präfektur Wakayama angesiedelt. 1899 wurde er auf die südlichste Hauptinsel Kyūshū verlegt. Zweitens sind liegende Buddhadarstellungen (die liegende Pose symbolisiert den sterbenden Buddha, der ins Nirvana eingeht) in Japan selten und eher in anderen buddhistischen Ländern anzutreffen. Da überrascht es vielleicht nicht, dass der nehanzo Buddha 1995 ein Geschenk an Japan aus Myanmar war.
Während es am Nanzo-in noch vieles mehr zu sehen gibt, ist die Hauptattraktion definitiv der nehanzo selbst als größte liegende Buddhastatue der Welt. Nur mit sehr viel Abstand bekommt man den gesamten Buddha mit dem Auge (oder der Kamera) zu fassen.
300 Tonnen Bronze erstrecken sich über 41 Meter. Wer sich dem Buddha näher fühlen möchte, kann dies über das Berühren bunter Bänder, die direkt mit einem Finger der Figur verbunden sind. So hält man symbolisch Buddhas Hand, während er ins Nirvana eingeht.
Auch ein Blick auf die besonders schön verzierten Fußsohlen lohnt sich.
Der Kamakura daibutsu 鎌倉大仏 am Kōtoku-in Tempel
Mit dem weltberühmten, 13,35 Meter hohen sitzenden Bronze-Buddha in Kamakura verbinde ich lustige persönliche Erinnerungen. Denn nachdem ich ihn das erste Mal besucht hatte (und noch nichts davon wusste, dass Kamakura bekannt ist für seine Wanderwege), verlief ich mich total und habe viel von den Wanderwegen und wenig von der Stadt selbst gesehen ?
Aber zurück zum Buddha. Die Statue stammt vermutlich aus dem 13. Jahrhundert. Zunächst stand sie in einer schützenden Halle. Nachdem diese jedoch immer wieder durch Naturkatastrophen zerstört wurde, steht der Buddha seit Ende des 15. Jahrhunderts unter freiem Himmel. Innen ist die Figur hohl und kann für eine geringe Gebühr besichtigt werden.
Besonders beeindruckend sind auch die gigantischen Strohsandalen auf dem Tempelgelände, die natürlich so groß sind, dass sie dem Buddha passen würden.
Der Kamakura daibutsu steht auf der Anwärterliste der UNESCO-Weltkulturerbe-Stätten.
Nara daibutsu 奈良大仏 im Tōdai-ji Tempel
Bereits heute UNESCO Weltkulturerbe ist der Todai-ji Tempel in der ehemaligen Hauptstadt Nara. Das angeblich älteste und größte Holzgebäude der Welt beherbergt eine gigantische Buddha-Figur aus Bronze mit einer Höhe von 15 Metern. Sie wurde im Jahr 752 fertiggestellt.
Durch Röntgenuntersuchungen wurden im Knie der Figur ein menschlicher Zahn, Perlen, Schwerter und Spiegel entdeckt, die man für Relikte des Shomu Kaisers (701–756) hält.
Wer schmale Hüften hat, kann sich eine Portion Erleuchtung holen, indem er durch eine Öffnung in einer Holzsäule kriecht. Diese entspricht angeblich der Größe eines Nasenlochs der Buddhastatue.
Erleuchtung, weil man durch ein Nasenloch kriecht, gigantische Strohsandalen und dem Buddha symbolisch die Hand halten. An Japans Tempeln ist viel geboten. Kein Wunder, dass so viele Touristen magisch von den Attraktionen angezogen werden. Dabei aber nie vergessen: ein jeder Tempel ist heiliger Boden und verlangt entsprechend respektvolles Verhalten.
Quellen und weiterführende Links
Daibutsu Statuen: Im Kampf gegen die Unbeständigkeit des irdischen Daseins – Religion-in-Japan
Nanzo-in Temple – GaijinPot Travel
Kamakura Daibutsu (Great Buddha) – GaijinPot Travel
Tōdai-ji – Wikipedia
Buddha’s Nostril – Nara, Japan – Atlas Obscura